Einerlei: Salomonische Steuerregelung im Kunstbetrieb

Ich hatte in meinem Beitrag „Einerlei: höhere Umsatzsteuer für Kunstwerke“ zum Umgang mit der reduzierten Umsatzsteuer im Kunsthandel bereits meine Meinung zur bisherigen Handhabung geäußert und die Androhung eines Klageverfahrens der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof bei Beibehaltung der bisherigen Reglung begrüßt. In einem weiteren Beitrag, „Einerlei: Kunstmarkt reagiert empört„, hatte ich zudem die – ich muss es mit dem scharfen Wort beschreiben – verlogene Argumentation des Kunsthandels dargestellt, der den Verlust des reduzierten Steuersatzes von sieben Prozent auf alle seine Verkäufe in dramatischer Weise beklagt. Heute erreichte mich ein RSS-Feed von Creative-City-Berlin, in dem davon berichtet wird, dass sich die Bundesregierung am 25.04.2012 – warum erfahre ich erst so spät davon? – im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages zur Forderung der EU-Kommission geäußert habe.

Fazit ist, man kann nicht umhin, der EU-Kommission Recht zu geben. Die bisherige steuerliche Bevorzugung des deutschen Kunsthandels sei nicht mit dem EU-Recht konform. Daher müsse man zukünftig im Kunsthandel den normalen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent auf jeden Verkauf aufschlagen. Lediglich die Kunstverkäufe der Kunstschaffenden selbst würden weiterhin mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gefördert werden. Über Ausgleichsmaßnahmen für den Kunsthandel würde nachgedacht, allerdings fiele dies unter die Entscheidungsbefugnis des gesetzlichen Haushaltsgesetzgebers.

Ich halte diese Entscheidung der Bundesregierung für sehr salomonisch. Sie nimmt den Grundsatz der Kunstförderung ernst und fördert Kunstschaffende direkt. Für Künstlerinnen und Künstler wird damit, neben den Vorzügen der Künstlersozialkasse, tatsächlich ein kleiner Freiraum geschaffen, wenn sie wirklich künstlerisch erfolgreich tätig sind, davon ihre Existenz zu bestreiten. Galerien jedoch betreiben einen Handel mit Kunst, keinen Sozialfonds für arme Kreative oder ein Kunstschaufenster für vernachlässigte Bevölkerungsschichten, was unbedingt gefördert werden müsste. Galerien denken und handeln marktwirtschaftlich, um im umkämpften Markt bestehen zu bleiben. Sie bedienen dabei eine Klientel, die über einen zumindest so ausreichenden Wohlstand verfügt, dass sie eine so kostbaren Ware wie Kunst sammeln kann. In dieser Funktion und Situation sind jedoch die Kunsthandelnden aus dem Gleichbehandlungsprinzip in nationaler und europäischer Hinsicht heraus dazu verpflichtet, dem Staat die identischen Abgaben abzuführen wie andere Handelstreibende auch. Das halte ich für steuergerecht.

Den Zusatz der Verlautbarung der Bundesregierung, man überlege Ausgleichsmaßnahmen für den Kunsthandel, interpretiere ich als vorläufige Beruhigung der Kunstszene, die letztlich aber nicht umgesetzt werden wird. Das hoffe ich zumindest für die Bundesregierung! Denn ein weiteres klientelbezogenes Steuergeschenk wie für die Hotelbranche durch die FDP, kann sich eigentlich keine der drei Regierungsparteien mehr erlauben. Hierfür müsste doch sehr gut argumentiert werden, um dies vor den Wählerinnen und Wählern rechtfertigen zu können. Jedoch – davon bin ich nach reiflicher Überlegung überzeugt – es gibt schlicht keine guten Gründe für die steuerliche Bevorzugung einiger Galerie-Betreiber und wohlhabender Sammler.